Leerverkäufe decken! Aber wie?

Im Zusammenhang mit dem Leerverkaufsverbot stellt sich die Frage, auf welche Weise die Deckung eines Leerverkaufs so gewährleistet werden kann, dass kein ungedeckter Leerverkauf im Sinne der gesetzlichen Regelungen vorliegt.

Durch Wertpapierleihe oder durch ein Wertpapierpensionsgeschäft (Repo) kann ein Leerverkauf gedeckt werden, sofern die betreffenden Papiere aufgrund der geschlossenen Vereinbarung schon an den Leerverkäufer übertragen wurden oder wenn der Abschluss eines entsprechenden Leihvertrages erfolgt ist, aus dem sich für den Leerverkäufer ein unbedingt durchsetzbarer Anspruch nach Paragraph 30h Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 WpHG ergibt.

Für das Zustandekommen der Deckung eines Leerverkaufs ist es jedoch nicht notwendig, dass die Wertpapiere bereits in das Depot des Leerverkäufers eingebucht worden sind.

Ob ein so genanntes Locate-Agreement ausreicht, um die Deckung eines Leerverkaufs zu erreichen, hängt von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall ab.

Die Deckung des Leerverkaufs auf diesem Wege ist nur dann möglich, wenn die Lieferung der Wertpapiere ausreichend sichergestellt ist. Dies kann beispielsweise geschehen, indem Schadenersatzzahlungen für den Fall einer nicht vereinbarungsgemäßen Lieferung festgelegt werden.

 

 

Leerverkäufe: Deckung mittels Derivate

Auch für die Beantwortung der Frage, ob Derivate zur Deckung von Leerverkäufen genutzt werden können, ist stets entscheidend, ob diese einen unbedingt durchsetzbaren Anspruch gemäß Paragraph 30h Abs. 1 Satz 4 WpHG darstellen.

So kann eine Futures Long-Position beispielsweise nur dann zur Deckung eines Leerverkaufs dienen, wenn der Liefertermin für den Basiswert in dem Future so bestimmt wurde, dass für den Leerverkäufer dadurch die fristgerechte Erfüllung seiner Verpflichtung sichergestellt ist.

Hierzu muss ein physisches Settlement, also die tatsächliche Lieferung der Wertpapiere, vereinbart worden sein. Demgegenüber würde ein Cash Settlement, bei dem lediglich eine Ausgleichszahlung, aber keine Übertragung von Wertpapieren erfolgt, nicht den Anforderungen entsprechen.

 

Leerverkäufe: Deckung durch Call-Optionen

Bei Call-Optionen hängt ebenfalls es von der Ausgestaltung im Detail ab, ob sie zur Deckung eines Leerverkaufs geeignet sind oder nicht. Handelt es sich um eine amerikanische Call-Option mit physischem Settlement, so ist damit eine Deckung von Leerverkäufen möglich, denn sie begründet aufgrund der während der Laufzeit jederzeit möglichen Ausübung der Option bereits zum Abschlusszeitpunkt einen unbedingt durchsetzbaren Anspruch.

 

 

Dagegen kann eine europäische Call-Option mit physischem Settlement – bei der die Ausübung der Option erst am Ende der Laufzeit möglich ist – nur dann zur Deckung eines Leerverkaufs genutzt werden, wenn der Fälligkeitstermin der Option eine rechtzeitige Übertragung des Basiswerts auf den Leerverkäufer gewährleistet.

Ebenso wie in den anderen dargestellten Fällen ist auch bei Ansprüchen auf noch nicht emittierte Aktien zu entscheiden:
Ob ein Leerverkauf durch Bezugsrechte gedeckt werden kann, richtet sich danach, ob es sich um unmittelbare oder mittelbare Bezugsrechte handelt und ob für den bezugsberechtigten Aktionär ein unbedingt durchsetzbarer Anspruch auf die Aktien entsteht oder nicht.

Leerverkäufe – Taggleiche Deckung

Um nicht gegen das Verbot ungedeckter Leerverkäufe zu verstoßen, müssen die leer verkauften Aktien oder Schuldtitel gemäß Paragraph 30h Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 WpHG spätestens am Ende desjenigen Tages beschafft worden sein, an dem der Abschluss des Leerverkaufsgeschäfts erfolgt ist.

Alternativ dazu ist es auch ausreichend, wenn der Leerverkäufer bis dahin zumindest einen unbedingt durchsetzbaren Anspruch auf die betreffenden Papiere erlangt hat. Als Ende des Verkaufstages wird dabei das Ende des Tages in derjenigen Zeitzone definiert, in der der ungedeckte Leerverkauf abgeschlossen wurde.

Der geforderte unbedingt durchsetzbare Anspruch liegt dann vor, wenn nach der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung die Papiere so zeitig an den Leerverkäufer übereignet werden, dass er seine Verpflichtung aus dem Leerverkauf auf jeden Fall fristgerecht erfüllen kann.

 

 

Insofern muss der unbedingt durchsetzbare Anspruch nicht unbedingt am Ende des Tages des Leerverkaufs fällig sein, sondern nur rechtzeitig vor dem Termin, an dem der Leerverkäufer die verkauften Papiere an den Käufer zu liefern hat.

 

Weiterführende Informationen zum Verbot von Leerverkäufen

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